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(Planungs-)Schnittstellen in der Geotechnik

1. Einleitung

Wie bei jedem Planungsprozess im Bausektor ergeben sich auch bei der geotechnischen Planung Schnittstellen mit den anderen Projekt-beteiligten. Nicht immer sind diese sich dessen bewusst. Die Grenzen zwischen den einzelnen Akteuren verschwimmen einmal mehr, einmal weniger. In diesem Artikel möchten wir die aus unserer Sicht häufigsten Berührungspunkte von Geotechnik und anderen Fachbereichen bzw. Projektbeteiligten aufzeigen. Folgende Schnittstellen werden dabei näher erläutert:

 

2. Die Schnittstelle Bauherr/Geotechnik

Für Fachbereiche, die überwiegend technischer Natur sind und keine hohe Kostenrelevanz aufweisen, spielen die Berührungspunkte mit dem Bauherrn eine eher untergeordnete Rolle. Dies gilt noch viel mehr, wenn eine Bau- bzw. Projektmanagementebene installiert wurde. Häufig wird seitens der Projektleitung versucht, dieses „Muster“ auch auf unser Fachgebiet zu übertragen und den Kontakt zwischen Bauherrn und Geotechniker möglichst gering zu halten. Dieses Herangehensweise birgt allerdings mehr Risiken, als sie Nutzen bringt.

Schließlich ist der Baugrund ein vom Auftraggeber bereitgestellter Stoff (siehe „Baugrund - Risiko und Verantwortung") und die Verpflichtung zu einer ausreichenden (normgemäßen) Untersuchung des Baugrundes liegt beim Bauherrn. Eventuelle Mehrkosten, Bauzeitverzögerungen bzw. Schäden, welche aus einer mangelnden Baugrunderkundung resultieren, werden daher dessen Sphäre zugerechnet. Eine möglichst unmittelbare Kommunikation zwischen Bauherrn und Geotechniker trägt wesentlich zum reibungslosen Ablauf und Erfolg eines geotechnischen Projekts bei. Umwege bei der Kommunikation führen hingegen schnell zu Komplikationen.

3. Die Schnittstelle Architektur/Geotechnik

In der Regel gibt es wenige unmittelbare Berührungspunkte von Hochbauplanung und Geotechnik. Es gilt jedoch festzulegen, auf welchen Planstand/Detaillierungsgrad die geotechnische Planungsleistung aufsetzen soll. Immer wieder wird an den Geotechniker bereits in einem frühen Planungsstadium (z. B. Vorabzug-Einreichplanung) der Wunsch herangetragen, beispielsweise eine Baugrubensicherung zu planen. Oft steht zu diesem Zeitpunkt nur die grobe Gebäudehülle fest, Angaben zu genauen Gründungstiefen gibt es meist noch keine.

Um dennoch einen reibungslosen Planungsablauf sicherstellen zu können, gibt es aus unserer Sicht zwei Möglichkeiten:

  • Die geotechnische Planungsleistung wird ähnlich wie die Hochbauplanung mehrphasig gegliedert. So wird beispielsweise auf Basis der Hochbau-Einreichung ein erstes Baugrubensicherungskonzept erstellt, das nach Vorliegen der Ausführungspläne zu einem verfeinerten Ausführungsprojekt ausgearbeitet wird.
  • Wird eine zweiphasige geotechnische Planung (z.B. aus Kostengründen) vom Auftraggeber nicht gewünscht, erscheint ein Planungsstart erst dann sinnvoll, wenn die Gebäudehülle fixiert ist, also die Fundament-Geometrien und -tiefen sowie sämtliche Fluchten der Außenwände feststehen. Ein früherer Planungsbeginn erfordert fast zwangsläufig Anpassungen während des weiteren Projektverlaufs und verursacht dadurch zusätzliche Kosten.

4. Die Schnittstelle Statik/Geotechnik

Eine Schnittstelle, bei der es häufig zu Missverständnissen kommt, ist jene von Statik und Geotechnik. Aufgabe des Statikers ist es, sämtliche Elemente und Bauteile eines Bauwerks zu bemessen. Dafür sind teilweise Angaben des bzw. Abstimmungen mit dem Geotechniker erforderlich. Deshalb kommt es häufig vor, dass die Zuständigkeitsgrenzen verwischt werden. Anhand von zwei Beispielen, die in der Praxis häufig auftreten, wird diese Schnittstelle im Folgenden näher beleuchtet.

 

4.1 Pfahlgründung

Bei einer Tiefgründung kommt es zu unmittelbaren Berührungspunkten zwischen geotechnischen Bauteilen und dem Gebäude. Aus unserer Sicht ist die Schnittstelle hier klar an der Unterkante Fundament bzw. Sauberkeitsschicht zu definieren.

Üblicherweise spielt sich die Zusammenarbeit zwischen Geotechniker und Statiker nach dem Pingpong-Prinzip ab. Auf Basis einer ersten Vorbemessung der Pfahlwiderstände durch den Geotechniker teilt der Statiker die Pfähle in seinem statischen System aus und ermittelt die tatsächlichen Pfahlbelastungen an Fundamentunterkante. Darauf aufbauend bemisst der Geotechniker die Pfähle (innere und äußere Tragfähigkeit) und teilt die Ergebnisse wiederum dem Statiker mit. Einwirkungen aus dem Baugrund, wie zum Beispiel eine eventuelle negative Mantelreibung, sind vom Geotechniker zu ermitteln. Die Pfahllänge unter Fundamentunterkante wird nach dieser Schnittstellendefinition vom Geotechniker angegeben, die Pfahleinbindung in die Fundamente und deren konstruktive Durchbildung (Durchstanz- bzw. Anschlussbewehrung, etc.) liegen wiederum in der Sphäre des Statikers, da sie unmittelbare Auswirkungen auf dessen Bauteil haben. Daher liegt unserer Auffassung nach auch die Abnahme der Pfahlköpfe in der Verantwortung des Statikers.

 

4.2 Erddruck auf die Außenwände

Eine weitere Schnittstelle ergibt sich aus der Frage nach der Zuständigkeit bei der Erddruckermittlung. So suggeriert der Begriff „Erddruck“, dass dessen Festlegung einzig und allein in das Ressort des Geotechnikers fällt. Wir vertreten diesbezüglich eine etwas andere Auffassung.

Die Ermittlung des Erddrucks basiert einerseits auf den jeweiligen Bodenparametern, deren Ermittlung eindeutig zum Zuständigkeitsbereich der Geotechnik gehört. Die Art des Erddrucks leitet sich jedoch bekanntlich von der (zulässigen) Wandverschiebung bzw. der Steifigkeit der Konstruktion ab. Bei der Konstruktion handelt es sich meist um die Gebäuderückwand, deren Steifigkeit und zulässige Verformung (Gebrauchstauglichkeit) niemand besser kennt als der zuständige Gebäudestatiker.

Daher sehen wir die Aufgabe des Geotechnikers darin, die erforderlichen Eingangswerte für die Erddruckermittlung bereitzustellen. Die Wahl des Erddruckes, eventuelle Umlagerungen, etc. obliegen hingegen dem zuständigen Hochbaustatiker.

 

5. Die Schnittstelle Haustechnik/Geotechnik

Auch Haustechnik und Geotechnik weisen Berührungspunkte auf, die nachstehend anhand von zwei Beispielen erläutert werden.

 

5.1 Entsorgung Niederschläge

Die Ermittlung der Bodendurchlässigkeit sowie die darauf aufbauende Bemessung der Versickerungsanlagen zählen zu den Kernkompetenzen des Geotechnikers und sind daher aus unserer Sicht dessen Zuständigkeitsbereich zuzurechnen. Die Zuleitung zu den einzelnen Anlageteilen (Planung der Grundleitungen) ist jedoch Aufgabe der Haustechnik.

Besteht eine konstruktive Projektkommunikation, so stellt dies in der Regel kein Problem dar. Werden die einzelnen Entwässerungsflächen und Fallrohre eindeutig den jeweiligen Anlageteilen zugeteilt, muss meist nur noch die Höhenlage gemeinsam festgelegt werden. Anhand der geplanten Leitungsgefälle kann der Haustechniker dem Geotechniker die Sohlhöhe der Zuleitung an der Einleitstelle bekannt geben. Darauf aufbauend legt dieser dann die Höhe seiner Versickerungsanlage fest. Die Schnittstelle ergibt sich hier selbsterklärend am Einleitpunkt der Grundleitung in das jeweilige Anlagenelement.

 

5.2 Grundwassernutzungen

Da Grundwassernutzungen meist einen haustechnischen Hintergrund haben und in der Regel Heiz- oder Kühlzwecken dienen, sind die Grundlagen dafür eindeutig vom Haustechniker beizubringen.

Die erforderliche Entnahmemenge, Betriebszeiten der Anlage, Temperaturspreizung und technische Anlageteile (Unterwassermotorpumpe, Wärmetauscher, etc.) müssen vom HLS-Planer definiert werden. Darauf aufbauend kann der Geotechniker die Brunnenanlage entsprechend dimensionieren.

Unserer Auffassung nach kann die Schnittstelle hier fiktiv an der Innenkante der Brunnenverrohrung angesetzt werden. Sprich, sämtliche geotechnisch und brunnenbautechnisch relevanten Bauteile fallen in den Ressortbereich des Geotechnikers. Er bereitet einen betriebsbereiten Brunnen für den Haustechniker quasi zum „Ausbau“ und zur „Nutzung“ vor. Auch die Erlangung der wasserrechtlichen Bewilligung ist Aufgabe des Geotechnikers.

 

6. Resümee

Wie vorstehend beschrieben, ergeben sich bei jedem Planungs- bzw. Bauprozess verschiedene Schnittstellen der einzelnen Fachbereiche. Gerade diese Komplexität macht unsere Branche so spannend. Dennoch sind eine klare Definition sowie Kommunikation der Planungsschnittstellen aus unserer Sicht ausschlaggebend für eine erfolgreiche Umsetzung eines Projekts. Dafür zu sorgen, ist Aufgabe der Projektleitung. Werden die Verantwortlichkeiten auf andere Art und Weise verteilt, so führt dies in der Regel zu einer unklaren Verlagerung der Zuständigkeiten und zu Missverständnissen.