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Entsorgung von Niederschlagswässern - Behördenverfahren in Tirol

1. Rechtliche Grundlagen

Sofern es die Untergrundverhältnisse zulassen, sind anfallende Niederschlagswässer dem Stand der Technik entsprechend auf eigenem Grund und Boden zur Versickerung zu bringen. Die rechtliche Basis dafür bilden einerseits das Wasserrechtsgesetz 1959 [1] und andererseits der Leitfaden zur Entsorgung von Oberflächenwässern [2], herausgegeben vom Amt der Tiroler Landesregierung.

Oftmals wird die Versickerung auf Eigengrund als Bescheidauflage im Baubescheid formuliert. Doch viele Bauherren bzw. Antragsteller wissen nicht, wie der korrekte Behördenweg aussieht. Auf Basis unserer langjährigen Erfahrung mit wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren und nach entsprechender Rücksprache mit zuständigen Behördenvertretern möchten wir hier gerne für Abhilfe sorgen.

 

2. Behördenzuständigkeit und -verfahren

2.1 Überschreitung des „Maßes der Geringfügigkeit“

Im Leitfaden zur Entsorgung von Oberflächenwässern [2] ist unter Punkt 2.1 die Definition des „Maßes der Geringfügigkeit“ angeführt. Bei Überschreitung gewisser Kriterien bzw. Randbedingungen sieht der Leitfaden eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht der Niederschlagsbeseitigung vor. In diesem Fall hat der Antragsteller die entsprechenden Unterlagen (Technischer Bericht, Berechnungen, Planbeilagen, etc.) in 3-facher Ausfertigung bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einzureichen und um wasserrechtliche Bearbeitung und Bewilligung anzusuchen. In weiterer Folge wird ein wasserrechtliches Verfahren eröffnet.

 

2.2 Unterschreitung des „Maßes der Geringfügigkeit“

Bei Erfüllung der angeführten Geringfügigkeitskriterien unterliegt das Projekt zur Entsorgung der Niederschlagswässer keiner wasserrechtlichen Bewilligungspflicht. Da viele Baubescheide eine „Versickerung auf Eigengrund“ fordern, unterliegen Bauherren oft dem Trugschluss, dass bei Einhaltung der Geringfügigkeitskriterien die Baubehörde für die Bewilligung der Niederschlagsbeseitigung zuständig ist.

Die Rücksprache mit mehreren Behördenvertretern hat jedoch ergeben, dass der korrekte Behördenablauf ein anderer ist. Für die Entsorgung von Niederschlagswässern ist demnach immer die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde zuständig. Erfüllt eine Oberflächen-entwässerungsanlage aus Sicht des Projektanten bzw. Antragstellers eindeutig das Maß der Geringfügigkeit, so sind die Unterlagen trotzdem (zumindest in 1-facher Ausfertigung) an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln. Im Anschreiben ist die Bitte um Prüfung, ob gegenständliche Oberflächenbeseitigungsanlage einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterliegt, zu formulieren.

Werden die Geringfügigkeitskriterien aus Sicht der Behörde bzw. des Amtssachverständigen überschritten, so wird ein entsprechendes Wasserrechtsverfahren in die Wege geleitet. Erfüllt das Projekt das Maß der Geringfügigkeit, wird kein Bescheid ausgestellt. Der Antragsteller erhält ein Schreiben, in dem bestätigt wird, dass keine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorliegt und die Oberflächenbeseitigungsanlage entsprechend den eingereichten Projektunterlagen ausgeführt werden kann.

Die zuständige Baubehörde nimmt die Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde im Bauverfahren zur Kenntnis und formuliert dies im besten Fall in den Baubescheid. Es sind von Seiten der Baubehörde keine weiteren Forderungen bzw. Auflagepunkte zu erwarten, da diese für die Bewilligung der Niederschlagsbeseitigung nicht zuständig ist und auch nicht über die entsprechenden Amtssachverständigen verfügt.

In der Regel erfolgt auch keine Überprüfung der Niederschlagsbeseitigungsanlage nach Baufertigstellung. Es ist die Pflicht jedes Antragstellers, die Anlage projektgemäß zu errichten bzw. errichten zu lassen. Gibt es Änderungen bei eingereichten Unterlagen, wäre strenggenommen eine erneute Prüfung durch die Bezirksverwaltungsbehörde erforderlich, bei gravierenden Abweichungen könnte sogar eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht entstehen.

 

3. Zusammenfassung

Laut aktueller Rechtsgrundlage ist für Projekte zur Entsorgung von Niederschlagswässern immer die Bezirksverwaltungsbehörde und nie die Baubehörde zuständig. Ob ein Wasserrechtsverfahren eröffnet wird oder nicht, hängt von der Komplexität der Entwässerungsanlage ab. In jedem Fall ist letztlich der Antragsteller für die projektgemäße Umsetzung der Versickerungsanlagen gegenüber der Behörde verantwortlich.

 

 

Hinweis: Gegenständlicher Artikel stellt keine verbindliche Rechtsauskunft dar, sondern spiegelt lediglich die Erfahrungen der Grund & Boden Geotechnik GmbH aus zahlreichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren von Niederschlagsbeseitigungsprojekten wider.


Autor:

Dipl.-Ing. (FH) Clemens Lercher

 

Recherche und Stoffsammlung:

Dipl.-Ing. (FH) Christoph Unterhofer

 

Quellen:

[1] Wasserrechtsgesetz 1959, Stand 28.01.19
(URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen/10010290/WRG%201959%2c%20Fassung%20vom%2028.01.2019.pdf)

 

[2] Leitfaden zur Entsorgung von Oberflächenwässern, 4. Auflage, August 2016, Hrsg. Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Wasserwirtschaft, Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft
(URL: https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/verkehr/service/downloads/Entsorgung_von_Oberflaechenwaessern_10.2016.pdf)